Aufruf zur Corona-Krise: Solidarität ohne Grenzen!

Das Virus kennt keine Grenzen – unsere Solidarität muss weitergehen!

Die Pandemie und Rezession gefährden überall die Schwächsten besonders stark. Deshalb:

  • Rasche starke Extra-Erhöhung des Auslandskatastrophenfonds

  • Verstärkter Einsatz für europäischen und internationalen Beistand

  • Stützungspaket im Land gegebenenfalls beschäftigungspolitisch nachbessern

  • Zukunftsorientierte Weiterverfolgung sozialer und ökologischer Ziele

Wir unterstützen die gesundheitspolitischen Maßnahmen der sozialen Distanzierung zur Verlangsamung der Ausbreitung des Coronavirus. Nur so kann die Anzahl intensiv betroffener Patient:innen laufend mit den Kapazitäten des Gesundheitssystems im Einklang gehalten werden. Somit retten die Maßnahmen Menschenleben.

Wir sind beeindruckt, wie sehr die Bevölkerung – unabhängig von ihrer oft unterschiedlichen Ausgangslage – diese Maßnahmen mitträgt. Die Menschen begreifen sie als eine Aufgabe, die nur gemeinsam solidarisch bewältigt werden kann. Wir sehen, wie die massiven wirtschaftlichen Auswirkungen dieser Maßnahmen immer mehr zu messbarer Realität werden – sowohl national als auch international. Insbesondere treffen sie auch Menschen in Ländern mit einem viel niedrigeren durchschnittlichen Einkommens- und Vermögensniveau, selbst wenn es dort zum Teil bisher noch gar keine Coronavirus-Infektionen gibt.

Wir befürchten, dass aufgrund dessen viele weitere Menschen von Armut gefährdet sind – sowohl national als auch international – und insbesondere in den ärmsten Ländern und in Flüchtlingslagern dadurch auch die Sterblichkeitsrate ansteigen wird. Wir begrüßen das Stützungspaket der österreichischen Bundesregierung im Einklang mit den Sozialpartnern, um die negativen wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen hierzulande in Grenzen zu halten.

Zugleich rufen wir die österreichische Bundesregierung zu einer weiter gehenden Solidarität auf, die über die österreichischen Grenzen und über unsere akute Krisensituation hinausreicht, und fordern als vordringliche Maßnahmen:

  • Rasche starke Extra-Erhöhung des Auslandskatastrophenfonds, um in dieser Krise eine substanzielle Unterstützung für die Menschen in den ärmsten und krisengeschüttelten Ländern leisten zu können.

    • Stärkung der lokalen Gesundheitssysteme und günstige Bereitstellung von Medikamenten und ggf. Impfungen

    • Sicherung der Versorgung von geflüchteten, in Lagern lebenden, Menschen, die nun durch die Ausbreitung des Virus doppelt gefährdet sind, wie z.B. innerhalb Syriens, im Libanon und Jordanien sowie auf den griechischen Ägäisinseln.

    • Aktives Gegensteuern, da in der Krise andere humanitäre Notsituationen aus dem Blick geraten und es vielen auch weniger möglich ist privat zu spenden.

  • Verstärkter Einsatz für solidarische politische Antworten:

    • innerhalb der Europäischen Union aktuell zugunsten der besonders betroffenen und wirtschaftlich schwächeren Mitgliedsstaaten u.a. durch die Aktivierung gemeinschaftlicher Finanzierungsmechanismen; und mittelfristig durch eine verbesserte EU-weite Abstimmung der Steuerpolitik, z.B. für eine Mindestbesteuerung von Großkonzernen, Digitalsteuer, Finanztransaktionssteuer.

    • auf internationaler Ebene zugunsten der ärmsten Menschen insbesondere

      • in Ländern der europäischen Nachbarschaft, u.a. durch ein neues „EU-Turkey Statement“ (nach dem Auslaufen des vorherigen im März).

      • in Schwerpunktländern bilateraler Entwicklungszusammenarbeit (EZA), die durch Investitionen und Schulungen zu untermauern ist.

      • durch substanzielle Beiträge zu multilateralen Initiativen und EZA.

  • Das Stützungspaket wie angekündigt gegebenenfalls nachzubessern.

    • Wenn trotz der großzügigen Kurzarbeitsregelungen die Arbeitslosigkeit stark ansteigt, sollte ein erweiterter Kündigungsschutz erwogen werden. So könnten all jene Unternehmen, die eine Steuerstundung oder eine staatliche Kreditgarantie erhalten, mit einem temporären Kündigungsverbot belegt werden – wobei ja die Inanspruchnahme der Kurzarbeitsregelung offensteht.

    • Anhebung der Mittel für arbeitsmarkt- und beschäftigungspolitische Maßnahmen in Richtung eines Ausbaus des Pflege- und Sozialbereichs.

Zu Recht konzentriert sich aktuell die Bundesregierung auf die Bewältigung der akuten Notlage. Zukunftsorientiert gilt es dennoch auch schon jetzt festzuhalten, dass sowohl Maßnahmen zur Konjunkturbelebung als auch eine künftige erforderliche budgetäre Konsolidierung das Erreichen sozialer und ökologischer Ziele nicht gefährden dürfen:

  • Die Krisen-Kosten dürfen nicht letztlich auf die ärmsten Menschen in unserer Gesellschaft überwälzt werden. Auch das Abrutschen von Teilen der Mittelschicht in die Armutsgefährdung muss verhindert werden. Daher: Wahrung der Mindestsicherung. Fokussierung der Einkommensteuerreform auf die Senkung der Besteuerung niedriger Arbeitseinkommen. Evaluierung der (u.a. auch von der OECD vorgeschlagenen) Option der Besteuerung größerer Vermögen und Erbschaften sowie von ungenutzten Immobilien unter Fairnessgesichtspunkten.

  • Die bereits hohen Belastungen der künftigen Generationen dürfen nicht durch Kostenüberwälzung weiter erhöht werden: Die politisch vereinbarten klimapolitischen Ziele müssen erhalten bleiben. Maßnahmen zur Förderung wirtschaftlicher Aktivität nach dem Auslaufen der gesundheitspolitischen Einschränkungen haben auch die Ziele einer dekarbonisierten, resilienteren und stärker kreislauforientierten Wirtschaft zu verfolgen. Ökosoziale Steuerreform (einschließlich substanzieller CO2-Bepreisung) und Zukunftsinvestitionen müssen eine rasche deutliche Verringerung der Treibhausgas-Emissionen im Einklang mit dem Pariser Klimaabkommen untermauern. Die konsequente Umsetzung des EU Green Deal senkt auch die Arbeitslosigkeit und das Gesundheitsrisiko besonders der sozial Schwächeren.

Erstunterzeichnet von:

Karl Aiginger
Univ.-Prof., Wirtschaftsuniversität WU Wien
Leiter der Querdenkerplattform: Wien Europa

Kurt Bayer
Dr., Senior Research Associate, Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw)
Ehem. Direktor der Weltbank

Judith Kohlenberger
Dr., Wirtschaftsuniversität WU Wien, Institut für Sozialpolitik
Schumpeter Gesellschaft Wien

Helga Kromp-Kolb
em. Univ.-Prof., Universität für Bodenkultur
Zentrum für Globalen Wandel und Nachhaltigkeit

Michael Landesmann
Univ.-Prof., Johannes Kepler Universität Linz
Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw)

Stefan Schleicher
Univ.-Prof., Universität Graz, Wegener Center for Climate and Global Change (WEGC)
Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung

Stephan Schulmeister
Dr., Wirtschaftsforscher und Universitätslektor

Sigrid Stagl
Univ.-Prof., Wirtschaftsuniversität WU Wien, Dept. Sozioökonomie
Kompetenzzentrum für Sustainability Transformation and Responsibility

Karl W. Steininger
Univ.-Prof., Universität Graz, Wegener Center for Climate and Global Change (WEGC)